Knappenroth Malstatt | Saarbrücken | 2022
Wettbewerb 3. Preis mit
JKL Junker und Kollegen Landschaftsarchitektur
WB Städtebauliche Entwicklung von Wohnbauflächen im Bereich
Knappenroth im Stadtteil Malstatt, Saarbrücken
Das ca. 13,5 ha große Plangebiet liegt im Norden des Stadtteils Malstatt im Distrikt Rastpfuhl. Es wird im Norden durch die Rußhütter Straße und die Grundstücksgrenzrn der Wohnbebauung bzw. der Kleingartenanlagen, im Süden durch die Straße Knappenroth, im Westen durch die angrenzenden privaten Grundstücksgrenzen, der Kleingärten und durch den Sportplatz, sowie im Osten durch die Fischbachstraße bzw. die Bahnlinie begrenzt. Der Geltungsbereich zeichnet sich durch die zum Teil bis zu 30m Höhenunterschieden aus. Die bereits in der Vergangenheit durchgeführten Eingriffe in das natürliche Gelände durch die Baseballanlage und der ehemaligen Industriehallen der Saarbrücker Eisenhandelsgesellschaft sind bereits Plateaus entstanden, die sich für eine Neubebauung eignen.
SAAR-FIVE
Ziele des Entwurfes waren vor Allem dem zurzeit grünen und vegetationsreichen Gelände nach der Notwendigkeit der Altlastensanierung und der Erstellung des Verwahrbauwerkes die Natürlichkeit und das Grün zurückzugeben. Dies soll mit wenig Eingriff in die bestehende Höhenstruktur geschehen, so dass wir die Plateaus beibehalten und lediglich kleine Anpassungen des Geländes vornehmen.
Städtebau
Des Weiteren soll durch sich die Bebauung durch charakteristisch unterschiedliche Quartiere die städtebauliche Körnung der Umgebung aufnehmen und die heterogene Bebauung des Umfeldes in einzelnen Quartieren darstellen. Die Schwierigkeit des Entwurfes bestand darin ein Alleinstellungsmerkmal und eine städtische Aufenthaltsqualität zu schaffen, ohne städtisch zu wirken. So haben wir auf Blockrandbebauungen verzichtet, dafür aber Sichtachsen von Bebauung freigelassen, denen die kleinteilige Bebauung folgen. Die geplanten fünf Quartiere sind in Grünzonen eingebettet und vermitteln trotz verdichteter Bebauung einen kleinstädtischen Eindruck. Der einzigartige Charakter von SAAR-FIVE erhält das Entwurfsgebiet durch die herausstechende Landmark als Zentrum des neuen „Stadtteils“.
Freianlagen
Ausgangspunkt für die Gestaltung ist die bewegte Topografie des Geländes. Durch das Verwahrungsbauwerks wird die Topografie behutsam verstärkt und positiv aufgewertet. Auffallend und namensgebend für das neue Quartier ist der Erhalt der Baumstruktur entlang der Steilhänge. Es sollen so viele Gehölze im Bestand erhalten werden wie möglich und werden pflegerisch aufgeastet. Durch eine blühende Unterpflanzung der Gehölze werden die Hänge zum gestalterischen und verbindenden Highlight des gesamten Quartiers. Über die Treppenanlagen und zusätzlichen Wege, welche nachträglich angelegt werden könnten, wird der Hang erlebbar und somit zum öffentlichen Freiraum.
Verwahrungsbauwerk
Entlang des Verwahrungsbauwerks werden Gehölze neu gepflanzt und durch eine Schneise eine Aussichtsmöglichkeit auf der Spitze des Bauwerks ermöglicht. Das Verwahrungsbauwerk selbst besticht durch klare Kanten und seine markante Form. Die großzügig offengehaltene Grünfläche bietet die Möglichkeit der multifunktionalen Nutzung und Bespielung durch die Anwohner. Sie ist Parkanlage, Veranstaltungsort, Sportfläche und Erholungsraum, wodurch ein weiterer grüner Trittstein für das gesamtstädtische Grünkonzept gestaltet wird.
Öffentlich und privat
Bei der Planung der Freianlagen für das neue Quartier SAAR-FIVE wurde großer Wert auf eine gesamte Durchgrünung und Wiederherstellung des grünen Charakters der einzelnen Baufelder gelegt. In Bezug auf eine nachhaltige Stadtplanung entstehen qualitativ wertvolle private Grünflächen sowie halböffentliche und öffentliche Grünräume. Die Ausgestaltung der privaten und halböffentlichen Bereiche innerhalb der Quartiere unterscheiden sich. Gemeinschaftlich genutzte, halböffentliche Parkräume prägen die einzelnen Quartiere. Die unterschiedlichen Baustrukturen ermöglichen private Gärten, Terrassenbereiche und Rückzugsorte, welche individuell ausgestaltbar sind. Klare Baumreihen strukturieren die Flächen und ordnen das Quartier.
Plätze
Im Zentrum bildet ein großer Quartiersplatz die Mitte. Er ist Platz für Stadtteilfeste, Flohmärkte, dient aber auch in seinem geneigten Bereich als Raum für Regenrückhaltung bei Starkregenereignissen. Der Platz mit belebten Erdgeschosszonen und die vielfältig nutzbare Grünfläche auf dem Verwahrbauwerk geben dem Gebiet einen in Saarbrücken einzigartigen Charakter. Die Erdgeschosszonen werden belebt durch einen Begegnungs- und Kulturraum als Treffpunkt, eine Sozialstation, einem Quartierscafé, einer Skybar im obersten Geschoss des Landmarktowers, einer Fahrradreparatur-station für die Anwohner und weiterer Gastronomie und Einzelhandel, so dass sich ein städtischer Charakter ergibt. Der westliche Platz ist dem Spiel gewidmet. Angrenzend an die private Spielfläche für die Kita gibt es eine großzügig angelegte öffentliche Spielfläche unter Bäumen. Im Osten dient der untere Platz an der Unterführung als Eingangsbereich in das östliche Quartier und ist primär als Erschließungsraum gedacht. Parkplätze für Carsharing und Besucher sowie die Anbindung zum öffentlichen Nahverkehr dominieren den Raum.
Regenwassermanagement
Um auf die aktuellen Anforderungen der Klimaveränderung zu reagieren, wird bei dem neuen Quartier „Saarbrücken 5“ besonderer Wert auf eine funktionierende und nachhaltige blau-grüne Infrastruktur gelegt. Dabei wird anfallendes Regenwasser nicht im Kanal abgeleitet, sondern auf verschiedenen Flächen zwischengespeichert, zurückgehalten oder weitergeleitet. Das Regenwassermanagement wird dabei nicht nur funktional und im Untergrund aufgegriffen, sondern als erlebbares und auch gestalterisches Element in den Entwurf miteingebunden.
Punkte der Nachhaltigkeit
Biodiversität:
• Biodiversität wird gefördert mit Gründächern und Lebensraum für Kleintiere: Holzstapel, Insektenhotel, Bienenweide, Vogelnistkästen.
Regenwassermanagement:
• Das Gründach hält Teile des Regenwassers zurück und verbessert das Quartiersklima durch Verdunstung (Retention).
• Mulden und Regenrückhaltebecken als zusätzliche Flächen für Regenrückhaltung im Starkregenfall als erlebbare Flächen im oberirdischen Bereich.
Konstruktive Maßnahmen:
• Die Auswahl einer Holz-Hybrid-Bauweise in modularen Systemen mit Rohstoffen aus der Region.
• Wir planen mit nachhaltigen Baumaterialien nach dem C2C-Prinzip, wie z. B. Holz. Das bedeutet, dass die Materialien ohne Qualitätsverluste immer wieder für das gleiche Produkt wiederverwendet werden können.
• Holz-Hybridbau vereint und nutzt die jeweiligen Stärken von Holz, Beton und Stahl. Holz als nachhaltiger Baustoff ist der dominierende Bestandteil und wird für Teile des Tragwerks und die Gebäudehülle eingesetzt.CO2 ist im verbauten Holz gebunden.
• Im Vergleich zum gesetzlichen Mindeststandard spart der KfW40-Standard jährlich bilanziell ca. 3 kg CO2-Äquivalent /qm BGF im Betrieb ein. Dies entspricht einer Einsparung von circa 35 %.
PV-Anlagen:
• Maximale Ausnutzung der Dachflächen mit PV-Anlagen
• Einspeisung der Sonnenenergie durch PV-Anlagen zur Nutzung für Allgemeinstrom und Haustechnik. Die Dachbegrünung sorgt für einen guten Nutzungsgrad der Anlagen.
• Anschluss an das örtliche Nahwärmenetz
Mikroklima:
• Bepflanzung mit einheimischen Arten, wie Gingko und Winterlinde, die auch mit Trockenheit und Hitze des sich wandelnden Klimas gut zurechtkommen sowie Kulturapfel zum Ernten durch die Bewohner.
• Bäume schaffen durch ihre Verdunstungsaktivität und Verschattung kühle Luft im Sommer
• Frischluftschneisen durch eine lockere Bebauung ermöglichen bei einem hohen Vegetationsgrad ein optimales Mikroklima und verhindern eine Überhitzung.
• Fassadenbegrünungen sorgen ebenfalls für ein gesundes Mikroklima
Text & Images: © pbp architekten